»Nach kaum einer Seite wusste ich, dass ich diesen Roman lieben würde. Zart und roh, magisch und schmerzhaft, wunderschön und gleichzeitig furchterregend hässlich bildet Adeline Dieudonné ›Das wirkliche Leben‹ in all seinen Facetten ab. Ein wahres, kleines Kunstwerk.« Romy Hausmann
Eine Reihenhaussiedlung am Waldrand, wie es viele gibt. Im hellsten der Häuser wohnt ein zehnjähriges Mädchen mit seiner Familie. Alles normal. Wären da nicht die Leidenschaften des Vaters, der neben TV und Whisky vor allem den Rausch der Jagd liebt.
In diesem Sommer erhellt nur das Lachen ihres kleinen Bruders Gilles das Leben des Mädchens. Bis eines Abends vor ihren Augen eine Tragödie passiert. Nichts ist mehr wie zuvor. Mit der Energie und der Intelligenz einer mutigen Kämpferin setzt das Mädchen alles daran, sich und ihren Bruder vor dem väterlichen Einfluss zu retten. Von Sommer zu Sommer spürt sie immer deutlicher, dass sie selbst die Zukunft in sich trägt, wird immer selbstbewusster – ihr Körper aber auch immer weiblicher, sodass sie zusehends ins Visier ihres Vaters gerät.
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (24. April 2020) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3423282134 ISBN-13: 978-3423282130 Originaltitel:La Vraie Vie

“Das wirkliche Leben” habe ich letzte Woche an zwei Abenden gelesen. Ich muss gestehen, dass das Cover mich neugierig gemacht hat. Selten hat mich ein Buch so in den Bann gezogen wie dieses. Die Autorin hat es geschafft, dass ich bereist nach wenigen Seiten komplett in die Handlung eintauchen konnte.
Anfangs lernen wir unsere namenslose Erzählerin kennen. Ihre Familie und sie (Eltern und ihr Bruder Gilles) wohnen in einer normalen Wohnsiedlung auch Demo genannt. Sie wohnen im größten und schönsten Haus der Siedlung. Nach aussen sind sie die typische Durschnittsfamilie. Zwei Kinder, der Vater arbeitet und die Mutter kümmert sich um die Kinder, Haushalt und ihre Zwergziegen. Schaut man aber genauer hin, sieht man, dass der Vater zu Gewaltausbrüchen neigt und die Mutter als Amöbe beschrieben wird. Am Anfang düften die Kinder 3 und 6 Jahre alt gewesen sein. Als unsere Protagonistin sich ein Eis mit Sahne bestellt (das darf sie aber nicht, da ihr Vater es verbietet), bekommen die beiden Kinder mit, wie der Sahnespender expoldiert und der Eismann, der die Kinder mit Mozart anlockt, stirbt. Die beiden Kinder sind durch den Vorfall immens traumatisiert aber ihre Eltern sind so mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie sie davon nichts mitbekommen. Unsere Erzäherlin ist der Meinung, dass es ihrem Bruder wieder besser geht, wenn sie die den Vorfall rückgängig machen kann und so beschäftigt sie sich intensiv mit Naturwissenschaften und fällt dadurch in der Schule damit auf. Ihre Bruder dagegen verändert sich zu seinem Negativen, ihm macht es Spaß, wenn er Tiere quälen und töten kann.
Kommen wir aber auf den Vater zurück. Der Vater ist passionierter Jäger und im Haus gibt es das Zimmer der Kadaver. Die Kinder aber auch die Mutter erkennen mit der Zeit immer schneller, wenn der Vater zu Gewalt neigt. Anfangs war seine Frau das perfekte Opfer, da sie sich nicht wehrte. Obwohl ich Gewalt absolut verabscheue und es keine Rechtfertigung gibt, wenn Männer ihre Frauen (aber auch anders herum) verprügeln. Dennoch gab es eine Szene im Buch, da hatte ich fast schon ein wenig Mitgefühl mit dem Vater. Unsere Erzählerin erkennt nämlich ganz deutlich, dass das Innere Kind ihres Vaters gestreichelt werden wollte, sie sich aber nicht überwinden konnte. In dem Augenblick habe ich mich gefragt, welches Trauma der Vater in seiner Kindheit erlebt hat, dass aus ihm dieser Mensch wurde, der er nun ist.
Blicken wir auf die Mutter der beiden Kinder. Die Erzählerin beschreibt sie als Amöbe. Die Mutter scheint nur dann aufleben zu können, wenn sie sich um ihre Ziegen kümmern kann, die sie ihrem Mann abgetrotzt hat. Obwohl sie anfangs sehr blass wirkt, gab es einen Moment im Buch, in dem Mutter und Tochter sich sehr nahe waren. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf als der Vater etwas zu sehen bekommt, das nicht für seine Augen bestimmt ist.
“Das wirkliche Leben” ist kein Buch, das ich so schnell vergessen werde. Durch die recht kurzen Kapitel lässt es sich zügig weglesen. Dennoch sollte man das Buch auf sich wirken lassen. Die Sprache ist sehr einfach gehalten, so dass es sich zügig lesen lässt. Es gehört wie “das Evangelium der Aale” zu den Büchern, die ich in dem Jahr besonders gerne gelesen habe. Da mich das Buch überzeugen konnte, gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!